Maria hält Jesus für den Friedhofsgärtner

Während unseres Urlaubs in den "Gärten der Welt" in Berlin erinnerte mich eine Geschichte aus der Bibel an diese wunderschönen Gärten: die Begegnung von Maria mit Jesus am Gartengrab.
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Gedanken zu Johannes 20,10-18:

Johannes berichtet über dieses Ereignis, als wären die anderen Frauen nicht anwesend. Viele Theologen haben versucht zu erklären, warum es Unterschiede zu den anderen Evangelien gibt, aber letztendlich ist es meine Überzeugung, dass Marias Verzweiflung so groß war, dass selbst wenn andere Frauen mit ihr zum Grab gingen, der Fokus dennoch nur auf ihr lag. Sie fühlte sich vermutlich auch mit den anderen Frauen zusammen alleine. Wahrscheinlich tun wir ihr Unrecht, wenn wir versuchen, alle Widersprüche zu klären. Ja, es gibt Unterschiede zu anderen Berichten, aber wir müssen bedenken, dass sie verzweifelt war. Wer kann sich wirklich in einer solch verzweifelten Lage an alle Details noch genau erinnern? Vielleicht sollten wir uns eher selbstkritisch fragen: Hätten wir in einer solchen Situation einen klaren Kopf bewahren können?

Mehrere Anzeichen deuten darauf hin, wie verzweifelt Maria gewesen sein muss: Als sie das leere Grab sah, lief sie zurück zu Simon Petrus und Johannes und berichtete ihnen: „Sie haben den Herrn aus dem Grab genommen, und wir wissen nicht, wohin sie ihn gebracht haben.“

Daraufhin machten sich die beiden Jünger auf den Weg zum Grab. Johannes war schneller und warf einen Blick hinein. Petrus untersuchte das Grab genauer. Dann gingen sie wieder nach Hause. Doch Maria blieb vor dem Grab stehen und weinte. Als sie einen Blick hineinwarf, sah sie zwei Engel. Einer von ihnen fragte sie: „Warum weinst du, liebe Frau?“ Und zum zweiten Mal antwortete sie: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin sie ihn gebracht haben.“

Sie vermisste ihren geliebten Jesus, ihren Meister, ihren Lehrer. Für sie war die einzige Frage: Wo haben sie ihn hingebracht? Ihre Augen waren voller Tränen, und sie konnte vermutlich die Realität nur noch verschwommen wahrnehmen. Das zeigte sich auch, als Jesus direkt mit ihr sprach. Obwohl sie ihn ansah, erkannte sie ihn nicht. Sie hielt ihn für den Gärtner. Auch er fragte sie: „Warum weinst du, liebe Frau? Wen suchst du?“ Und sie antwortete ihm: „Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir bitte, wo du ihn hingelegt hast, dann hole ich ihn.“

Erst als Jesus sie mit ihrem Namen ansprach – „Maria!“ – dämmerte es ihr, wer da mit ihr sprach. „Rabbuni“, war ihre Antwort.

Ist das nicht wunderschön? Der Gärtner entpuppt sich als ihr „Rabbuni“ (Meister). Jesus ist nicht der Friedhofsgärtner, der den Leichnam irgendwo hingebracht hat. Er ist bildlich gesprochen der Gärtnermeister. Es ist der Anbeginn von etwas völlig Neuem. Es ist wie das Erwachen im Frühling, wenn aus den Knospen die ersten Blüten erblühen und alles zu neuem Leben erwacht. In diesem Sinne war Maria gar nicht so weit weg vom Gärtner, und sie ist die erste Knospe, die darin aufblühen durfte und es allen anderen erzählte: „Der Herr ist auferstanden!“ Ja, er ist wahrhaftig auferstanden.